Otogirisou

Der japanische Name der Pflanze Hypericum perforatum lautet Otogirisou und ist auch der Titel dieses Visual Novels von Chun Soft. Die Pflanze ist eine Art Johanniskraut und hat schöne gelbe Blüten. Das Spiel hingegen kam in einem schönen grauen Modul mit gelben Aufkleber heraus und erblühte 1992 ausschließlich in Japan.

Die gelungene Übersetzung des Spiels ist auf der entsprechenden Projektseite zugänglich, wir haben diese Übersetzung dem Twitter User Tom zu verdanken. Danke!

Atmosphäre / Story

Der Einstieg in die Geschichte von Otogirisou gestaltet sich reichlich klischeehaft, wie in den meisten Horrorgeschichten. Ein Mädel und ihr Freund, der Protagonist, fahren eine Straße entlang. Dann passiert etwas und irgendwie finden sich beide in einem großen leeren Anwesen wieder.

In diesem Haus passieren wunderliche aber vor allem gruselige Dinge. Nami und der Protagonist versuchen da etwas Licht reinzubringen und begegnen dort Dingen, die ich nicht spoilern möchte. Doch insgesamt lässt sich sagen, dass die Handlung der eigentliche Fokus des Spiels ist und dem Spieler allerlei Entscheidungsmöglichkeiten gegeben werden. Gerade zum Ende hin sinkt die Anzahl der Entscheidungen, die man treffen kann jedoch.

Viele Passagen sind gut beschrieben und durch Bilder und Sound entsprechend untermalt, die Atmosphäre wird dadurch, ähnlich wie in einem Hörspiel, ziemlich dicht. Einzige Haken an der Handlung sind der Spannungsbogen und die vielen Klischees. Hinzu kommen noch die teilweise stark selbst bemitleidenden Monologe, wie ich sie nur aus Animes kenne, welche leider etwas kindisch wirken. Doch bei dem Genre sollte man eigentlich nichts anderes erwarten.

Otogirisou verfügt über 10 verschiedene Enden, was Leseratten definitiv zum mehrfachen Durchzocken (durchlesen?) einlädt.
4,5 / 5

Grafik

Es sind keine starren Bilder, alles ist schön animiert.

In Visual Novels liegt der Fokus eindeutig nicht in der Grafik, daher ist es gar nicht leicht diesen Aspekt überhaupt zu bewerten. Otogirisou trumpft jedoch mit ein paar Animationen und schönen Sprites auf, doch insgesamt gibt es hier wenig Bewegung, was für ein Videospiel immer etwas befremdlich wirken kann. Aber was man zu sehen kriegt, hält kaum ein anderes Spiel für SNES parat, daher absolut sehenswert.
3,75 / 5

Spielmechanik / Gameplay

Otogirisou hat wie für Visual Novels typisch kein richtiges Gameplay. Was man tut, ist lesen und zwischen Optionen wählen, was man antworten will, bzw. wie es weitergehen soll. Recht viele der Entscheidungen bewirken beinahe nichts aber es gibt auch einige Auswahlmöglichkeiten, die tatsächlich einen großen Unterschied ausmachen. So ganz klar ist die Grenze in der Hinsicht nicht und man muss sich selbst herantasten.

Nicht immer ist ganz klar, was eine Auswahl bewirken könnte.

Vielleicht hätten ein paar kleine Minigames oder ähnliches dem Spiel gutgetan, um es aufzulockern aber vielleicht sieht ein Visual Game Fan das vollkommen anders. Was aber definitiv anders laufen könnte ist, dass Entscheidungen fehlen, die zu einem Game Over führen. Es ist nämlich nicht so, wie in alten Rollenspielbüchern, dass man eine „falsche Entscheidung“ treffen kann und dadurch dann das Spiel verliert. Dies hätte den Entscheidungen mehr Gewicht gegeben, denn so wie es jetzt ist, kommt man irgendwie immer voran. Wenigstens gibt es mehrere Spielenden.
2,5 / 5

Musik und Soundeffekte

Wie man für ein Spiel dieses Genres erwarten würde sind die Lieder sehr atmosphärisch und mysteriös angehaucht. Was nicht unbedingt auf der Hand liegt ist, dass die Lieder ziemlich komplex sind und sich genauso gut für ein Rollenspiel eignen könnten.

Die gesamte Geräuschkulisse ist hervorragend gelungen und untermalt das Lesen perfekt. Klatschende Türen, Regenprasseln, Jumpscare-Geräusche, quietschende Stühle usw. Besonders der Soundeffekt welcher untermalt, wenn man einen wichtigen Hinweis erhalten hat, gefällt mir gut.

Manchmal kriegt man auch gar keine Musik zu hören, einfach nur das Ticken einer Uhr…
4,43 / 5

Steuerung

Diese Blume ist ein zentrales Motiv des Spiels.

Da es kein richtiges Gameplay gibt, ist es schwierig irgendwas falsch zu machen bzgl. der Steuerung. Daher steuert sich in Otogirisou alles angenehm und nichts nervt. Was das Spiel vielleicht angenehmer gestaltet hätte, wäre vielleicht eine Art Übersicht welche Entscheidungen man getroffen hat und welche Clues man gefunden, denn sich alle zu merken ist schon etwas viel verlangt.
4 / 5

Spaßfaktor

Ist man in der richtigen Stimmung für so ein Visual-Sound-Novel dann ist Otogirisou absolut unterhaltsam. Speziell zu Beginn kann das Spiel einen ziemlich mitreißen aber dieses passive Gameplay ist schon eine Sache, an die man sich gewöhnen muss. Doch was man hier geboten bekommt, ist durchaus fesselnd und extrem einsteigerfreundlich.

Bisschen Horror-Klischee muss auch mal sein.

Speichern kann man nicht jederzeit aber es geht und die vielen verschiedenen Antwortmöglichkeiten und Spielenden laden tatsächlich zu einem erneuten Durchspielen ein. Aber wie groß die Unterschiede sein können bzgl. der Entwicklung der Handlung ist mir momentan nicht klar, dazu müsste ich Otogirisou erneut durchspielen, was ich vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt tun werde.
3 / 5

Bewertung und Fakten

Das Visual Novel Genre ist generell ein Genre, an dem sich die Meinungen bereits direkt zu Beginn stark spalten werden, da es kaum ein Spiel ist, sondern stellt eher ein audiovisuell untermaltes Buch mit ein paar Textoptionen dar. Sowas ist nicht jedermanns Sache – und das ist ok so!

Solche Bücher habe ich auch zu Hause.
  • Sehr gute Inszenierung
  • Solide Atmosphäre
  • Tolles Audiodesign
  • Viele Spielenden
  • Ein paar Scheinentscheidungen
  • Insgesamt sehr passives Gameplay
  • Keine Entscheidungs- oder Clueübersicht

Jeder der das Genre ohnehin mag oder auf Horror steht, muss hier eigentlich reinschauen, da es hierzu auf Englisch (oder Deutsch) keine Alternative gibt. Exakt aus diesem Grund sollten auch alle diejenigen sich Otogirisou vornehmen, die diese Genres nicht mögen, einfach nur um zu gucken, wie gut dies verhältnismäßig auf dem Super Nintendo funktioniert hat.

Ganz nebenbei bemerkt wird Hypericum perforatum laut wikipedia zur Behandlung von Depressionen und zur Beruhigung eingesetzt. Also ein ganz guter thematischer Zusammenhang 😉

Genre: Visual Novel / Horror
Preis: Circa 10€ bis 23€ auf ebay
Schwierigkeit: Sehr leicht

Atmosphäre / Story: 4,5 / 5
Grafik: 3,75 / 5
Spielmechanik / Gameplay: 2,5 / 5
Musik und SFX: 4,43 / 5
Steuerung: 4 / 5
Spaßfaktor: 3 / 5

Gesamt: 3,70 / 5

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