Goldlocke und seine Games

Interview mit Goldlocke

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Vor gar nicht so langer Zeit berichtete ich vom SNESDEV Game Jam 2021, dem ersten Game Jam seiner Art. Dieser bereicherte die SNES-Welt um 4 interessante Ergebnisse. Der zweite Platz, wurde vom Entwickler Goldlocke mit seinem Spiel Dottie dreads naught belegt. Für mich war dieses Spiel der wahre Sieger des SNESDEV Game Jam 2021. Da machte ich mich direkt ans Kontaktieren des Schöpfers mit dem Pseudonym Goldlocke.

Interview

So, Mr Goldlocke! Was machst du beruflich so, dass du derartige Fähigkeiten hast, dich an die komplexe Homebrew-Programmierung von Super Nintendo Spielen zu wagen?

Ich arbeite aktuell als Software Engineer bei einem mittelständischen Unternehmen. Allerdings hat mir nicht mein beruflicher Werdegang die Entwicklung von SNES-Spielen ermöglicht, es war umgekehrt: In meiner Jugend und Studienzeit habe ich mich primär mit Grafik und Sprachen beschäftigt. Um mir meinen Kindheitstraum, SNES-Spiele zu entwickeln, erfüllen zu können, habe ich mir notgedrungen autodidaktisch Kenntnisse im Programmieren angeeignet. Bei der Berufswahl habe ich mich dann entgegen meiner ursprünglichen Interessen für die Informatik entschieden, nachdem ich mit dem Programmieren auf SNES positive Erfahrungen gemacht hatte.

Ein Foto wie aus dem Modekatalog, ein etwas älteres Foto von Goldlocke.

Angefangen habe ich Anfang der 2000er mit der Erstellung erster ROM-Hacks und deutschen Übersetzungen von SNES-Spielen. Mein erstes SNES-Spiel habe ich dann 2008 veröffentlicht. Investiert habe ich rückblickend viele, viele Stunden. Wie so oft bei Hobbies kam das aber ganz natürlich und fühlte sich nicht wie Arbeit an.

Hast du bereits unter anderem Namen Spiele veröffentlicht?

Ich habe SNES-Spiele unter den Pseudonymen „d4s„, „Dieter von Laser“, „Goldlocke“ und anderen veröffentlicht. Anfangs lag der Fokus bei der Entwicklung meiner Spiele jeweils auf der Inklusion eines bestimmten Gimmicks. Später bin ich dann dazu übergegangen, alles dem Gameplay unterzuordnen.

Meine erste Veröffentlichung für das SNES war wie bereits oben angedeutet 2008 „N-Warp Daisakusen„, ein simpler Multiplayer-Prügler für bis zu acht Spieler. Dieses Spiel hatte ich für das namensgebende Nintendo-Fantreffen entwickelt: SNES-Spiele unterstützten bis dahin bis zu 5 simultane Spieler mit einem Multitap in Joypad-Port 2. Als mir bekannt wurde, dass man rein technisch gesehen auch zwei Multitaps mit insgesamt acht Joypads an das SNES anschließen kann, war mir klar, dass ich ein Spiel für acht Spieler gleichzeitig entwickeln musste.

3D-Figuren, wow 😀

Auf einer ähnlichen Prämisse basierte mein nächstes Spiel „Super Road Blaster“ von 2012, ein Port des LaserDisc-Titels „Road Blaster“, auch bekannt als „Road Avenger“: Byuu, der Autor des SNES-Emulators BSNES, hatte eine Erweiterung names MSU-1 entwickelt, die dem SNES 4GB Speicher und Audio in CD-Qualität bereitstellte. Als Kind faszinierte mich Road Avenger für das Sega Mega CD, das ich damals nur aus dem Kaufhaus kannte. Nachdem ikari01 dann die Hardware-Umsetzung von MSU-1 in seinem SD2SNES-Modul angekündigt hatte, wusste ich, dass mir damit die Möglichkeit gegeben wurde, das Spiel auf SNES zu portieren. Dies basierte auf der damals aktuellen Iphone-Version. Die größte Herausforderung für mich bestand darin, das vorhandene Videomaterial in akzeptabler Qualität in Vollbildgröße auf das SNES hinüberzuretten.

Es folgte „Jet Pilot Rising„, dessen erste Version ich innerhalb eines selbst gesetzten Limits von 24 Stunden fertigstellte und somit dem auch für Dottie relevanten Game-Jam-Spirit folgte. Nachdem mich die Rocket-Barrel-Sequenzen des Wii-Titels „Donkey Kong Country Returns“ in ihrer bestechenden Einfachheit fasziniert hatten, wollte ich ein vergleichbares Single-Button-Spiel auch für das SNES umsetzen. Inhaltlich ist das Ganze bestenfalls spärlich. Die Katzenthematik basiert übrigens auf unseren zum damaligen Zeitpunkt beiden Hauskatzen namens „Dr. Schmaus“ und „Jet Pilot“, was dann auch den Titel erklärt.

Pflanzenaction bei Super Boss Gaiden
Gnadenlose Boss-Action bei Super Boss Gaiden.

Als zwischenzeitlich ein Exemplar der Nintendo PlayStation auftauchte und mit no$sns ein Emulator erschien, der das System unterstützte, habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, auch dafür ein Spiel namens „Super Boss Gaiden“ zu entwickeln, das sich inhaltlich auch auf das System bezog.
Um das Spiel einem breiteren Publikum als dem Besitzer des zu diesem Zeitpunkt einzigen bekannten Prototypen der Nintendo PlayStation zu eröffnen, habe ich parallel noch eine reguläre SNES-ROM Version veröffentlicht. Dies war mein erstes Spiel, bei dem bei der Entwicklung das Gameplay tatsächlich im Vordergrund stand. Da ich die Entwicklung ausschließlich auf Basis von no$sns durchführen konnte und keinen Zugriff auf die echte Hardware hatte, stellte sich im Nachhinein leider heraus, dass das Spiel auf Letzterer nicht korrekt funktionierte. Sollte sich irgendwann noch einmal die Möglichkeit eröffnen, das Spiel auf echter Hardware zu debuggen, würde ich diese nach wie vor sehr gerne wahrnehmen.

Ein paar meiner Spiele sind auch bisher unveröffentlicht geblieben, über diese rede ich aber in der Regel nicht. Zumindest mein allererster Versuch eines selbst entwickelten Spiels, eine Mischung aus RPG und Tanz- bzw. Musikspiel namens „Chiptune Rocker“ für das SNES. Für das ich auch eigene Instrumenten-Controller in Form einer Tanzmatte, einer Gitarre und eines Schlagzeugs (um)gebaut habe, findet sich heute noch auf YouTube.

Ein einzigartiges Spiel, Goldlocke macht keinen 0815 Kram.

Wie bist du auf den SNESDEV Game Jam 2021 aufmerksam geworden?

Wenn ich auch ein insgesamt eher stiller Vertreter mit wechselnden Pseudonymen in der SNESDEV-Community bin, verfolge ich natürlich dennoch stets mit Freude aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich und versuche, alle Neuveröffentlichungen zu spielen und -sofern möglich- auch zu kaufen, um die jeweiligen Entwickler zu unterstützen. Auf den Game Jam habe ich mich seit den ersten diesbezüglichen Ideen und Planungen im mittlerweile leider inaktiven Forum auf nesdev.com gefreut.

Goldlocke, hat dich der SNESDEV Game Jam 2021 insgesamt zufriedengestellt oder aufgrund der eher wenigen Resultate enttäuscht?

Ich hatte unglaublich viel Spaß bei der Entwicklung von Dottie und habe dadurch auch viele neue Bekanntschaften in der Community gemacht. Die Gespräche mit den übrigen drei Wettbewerbern empfand ich als große Bereicherung. Einen von Ihnen habe ich sogar zwischenzeitlich persönlich treffen können. Gerade in dieser sehr kleinen Community empfinde ich den persönlichen Austausch immer als ausgesprochen wertvoll. Auch von dem Feedback zu meinem Beitrag war ich sehr positiv überrascht. Dies fiel im Gegensatz zu manchen meiner vergangenen Veröffentlichungen sehr wohlwollend aus. Angemeldet für den Game Jam hatten sich ca. 250 Personen, ich persönlich hatte auf Basis dessen grob mit 10 bis 15 finalen Beiträgen gerechnet. Dass es letztlich nur 4 geworden sind, ist natürlich ein bisschen schade. Gerade von lange etablierten Mitgliedern der Community hätte ich mir noch den ein oder anderen Beitrag gewünscht. 

Einblicke in Goldlockes Desktop bei der Entwicklung von Dottie dreads nought.

Die geringe Anzahl zeigt aber auch, wie schwer es ist, Zugang zur Thematik zu finden und wie viel Zeit und Mühe man nach wie vor investieren muss, bevor man Ergebnisse vorweisen kann. Wer heute ein SNES-Spiel entwickeln will, kommt nicht darum herum, sich mit der Hardware auf tiefster Ebene zu beschäftigen und das hindert meines Erachtens viele bzw. sorgt dafür, dass Projekte vorzeitig aufgegeben werden oder trotz der großzügig bemessenen Zeit von drei Monaten für den Game Jam nicht rechtzeitig fertig werden. 

Wäre es möglich, ein Framework bzw. Tools bereitzustellen, die davon abstrahieren und Neueinsteigern ermöglichen würden, sich direkt auf Gameplay und Content-Erstellung zu konzentrieren, bin ich mir sicher, dass die Anzahl der Releases steigen würde. Ganz gut macht dies aus meiner Sicht z. B. die Super Mario World-Hacking-Community vor. Ich muss aber auch sagen, dass ich persönlich jeden einzelnen der vier Beiträge zum diesjährigen Game Jam gefeiert habe und hoffe, dass wir insgesamt ein positives Signal senden konnten.

Falls ein SNESDEV Game Jam 2022 zustande kommt, wirst du (als Goldlocke?) wieder daran teilnehmen?

Wenn es sich zeitlich einrichten lässt, würde ich gerne an einem zukünftigen SNESDEV Game Jam teilnehmen.

Im Rahmen deiner Entwicklung für Dottie dreads naught: Gab es etwas, was du gerne umgesetzt hättest aber nicht konntest? Also, weil es zu kompliziert war oder der SNES es einfach nicht schafft?

Oh, da gab es unglaublich viel! Das veröffentlichte Spiel ist nur ein winziger Ausschnitt des Contents, den ich ursprünglich geplant hatte. Es sollte acht Welten mit jeweils eigenen Leveln, Gegnern und Bossen, eine spannende Story erzählt via Ingame-Cutscenes, erlernbare Fähigkeiten, massig Secrets, batteriegestützten Spielstandspeicher und eine Weltkarte bekommen. Nachdem ich zwei Monate mit dem Feintuning des Core-Gameplays „vertrödelt“ hatte, blieb mir letztlich nur noch Zeit für drei Level, eine Handvoll Gegner, einen Boss und ein minimales Feigenblatt von Story. Hinderungsgrund waren dabei aber nicht Komplexität oder die Leistungsfähigkeit des SNES, sondern nur die Zeit.

Wirst du an Dottie dreads naught noch weiterentwickeln oder ist das Spiel endgültig fertig? Irgendwo online konnte ich herausfinden, dass du eigentlich mehr Umfang geplant hattest…

Die Game Jam-Version ist fertig. Ein vollwertiges Spiel mit oben genanntem Umfang würde ich gerne erstellen, möchte aber nicht versprechen, was ich nicht halten kann.

Arbeitest du gegenwärtig an anderen Super Nintendo Homebrew Spielen? Falls ja, kannst du etwas dazu preisgeben?

Ich arbeite eigentlich immer an mindestens einem SNES-Projekt, spreche aber am liebsten erst darüber, wenn es fertig ist. Mir gefällt die Idee, dass Spiele früher oft im stillen Kämmerlein fertig entwickelt und dann mehr oder weniger über den Zaun geworfen wurden, um dann gepublished zu werden. Ich mag es nicht, wenn Leute mit Erwartungshaltungen an mich oder meine Spiele treten. Das Devlog auf Twitter für Dottie war da für mich schon eher eine Ausnahme, im Rahmen des Game Jams wollte ich damit sowohl den Austausch mit anderen Teilnehmern fördern als auch Interessierten ein bisschen Unterhaltung bieten.

Wie kam dir die Idee zu Dottie dreads naught?

Vor zwei, drei Jahren hatte ich die ursprüngliche Idle-Animation von Dottie gepixelt, wusste zu dem Zeitpunkt aber nicht so recht, was ich damit anfangen soll. So lag sie dann eine Zeit lang unbenutzt auf meiner Platte herum. Als der Game Jam angekündigt wurde, wusste ich, dass ich auf jeden Fall einen 2D-Platformer machen würde und dachte mir, diese Animation wäre eine gute Basis. Beim Start des Game Jams wurde dann das Thema „Perspectives“ bekannt gegeben und das passte mir erstmal gar nicht in den Kram. Ich hab dann in meiner Not die Idee des Perspektivenwechsels zum Sidekick zwecks Entdeckung von Secrets umgesetzt. Inspiration für die Umsetzung des Gameplays waren Super Mario World (vor allen Dingen die Sprungphysik), ScourgeBringer, Celeste und Super Bat Puncher. Die restliche Gestaltung beruhte mehr oder weniger auf Ad-hoc Entscheidungen.

Was sind deine persönlichen Spielefavoriten auf dem SNES? Und warum?

Das ist immer ein bisschen von meiner aktuellen Laune abhängig, zu meinen All-time-Favoriten, die immer gehen, zähle ich aber:

  • Super Mario World & Yoshis Island
  • Donkey Kong Country 1 & 2
  • Treasure Hunter G
  • Secret of Mana & Seiken Densetsu 3 (bzw. Trials of Mana)
  • Battletoads in Battlemaniacs
  • Actraiser 2
  • Terranigma
  • F-Zero
  • Front Mission: Gun Hazard

Wie war die Reaktion / Feedback bezüglich Dottie dreads naught? Abgesehen vom 2. Platz natürlich 🙂

Die Reaktion war ausgesprochen positiv. Ich erinnere mich nicht, bei einem meiner Releases jemals so wenig negatives Feedback bekommen zu haben. Den YouTube-Videos nach zu urteilen scheint das Spiel vor allen Dingen in Südamerika viele Freunde gefunden zu haben, was mich sehr gefreut hat. Ich hatte schon Releases, die mehr Leute erreicht haben. Gemessen daran, dass ich aber nur ein Mini-Spiel ohne nennenswerte, weitere PR-Arbeit rausgehauen habe, ist der Verbreitungsgrad für mich zufriedenstellend.

Vielleicht ist die Frage blöd oder auch zu schwierig zu beantworten. Aber wie kriegst du es hin, dass die Sprite Animationen so unfassbar flüssig sind in deinem Spiel? Verglichen mit manch einem offiziellen SNES Game von damals, sieht deines sehr viel professioneller aus. Nutzt du irgendeinen Chip anders? Oder bist du ultra präzise bei der Ressourcenverteilung?

Die hohe Kunst der schönen Sprite-Animationen.

Danke Dir für das Lob. Bei den Animationen habe ich mir eine Reihe von CPS2-Spielen zum Vorbild genommen, vor allen Dingen Marvel vs. Capcom, um den grafischen Impact zu maximieren, was letztlich auch dem Spielgefühl zugutekommt. Besonders viele Frames haben die Animationen aber eigentlich nicht, Dottie kommt größtenteils mit 3 – 4 Frames pro Move aus. Am beigefügten Bild von Dotties Laufanimation kann man das ganz gut erkennen. Dort sieht man auch schön, wie die Darstellung eines logischen Sprites (in diesem Fall Dottie) während der Konvertierungsphase automatisch in mehrere 8×8 bzw. 32×32 Pixel große SNES-Hardware-Sprites aufgesplittet wird, um Platz zu sparen.

Was muss man für die Programmierung von SNES Homebrew Spielen können? (Abgesehen vom Einarbeiten in die Materie 😀 ) Die Programmiersprache C? C++? Assembler?

Das Wichtigste ist meines Erachtens Motivation und Beharrlichkeit. Theoretisch reicht zum Programmieren C, mit PVSneslib gibt es eine Library, die einem da einiges zur Verfügung stellt. In der Praxis muss man dann aber doch oft Zeitkritisches in Assembler umsetzen, wie auch schon weiter oben erwähnt. Ansonsten muss man Bock auf die Hardware haben, sich durchbeißen und nicht entmutigen lassen. Der Rest kommt dann von alleine.

Die Musik für Dottie dreads naught stammt von Ninomiya Yuji. Wer ist das und wie kommst du dazu ihre/seine Musik zu nutzen 😀 ?

Yuji-San hat in der Vergangenheit die Musik für das SNES-Spiel Nekotako geschrieben und kam relativ kurz vor Ende des Jams auf mich zu, da ihm die Gameplay-Demo zusagte, die ich auf Twitter gepostet hatte.

Ist zwar nicht von Goldlocke aber dennoch einen Blick wert.

Ich habe mich darüber sehr gefreut, da mir die Musik von Nekotako bereits sehr gut gefallen hatte. Er hat dann in den wenigen verbleibenden Tagen zwei Tracks für Dottie gezaubert, die sich sehr gut in das Spiel einfügen, wie ich finde. Seine Musik hat diese typisch japanische Sensibilität, die auch viele Soundtracks der SNES-Ära so besonders machte. Ihr findet seine Werke unter https://ninomiyayuji.com/ bzw. https://www.youtube.com/c/NinomiyaYujiOfficial . Ich hoffe, dass ich in Zukunft noch mal mit ihm zusammenarbeiten kann. Wenn Euch Dottie gefällt, könnt Ihr ihn übrigens auch unterstützen, indem Ihr seine CDs kauft, kann ich an dieser Stelle nur empfehlen: https://animatone.booth.pm/

Kam dir schon mal die Idee einen Shop zu veröffentlichen auf dem man dein Spiel kaufen kann? Bzw. dies über die Seite eines anderen Entwicklerstudios zu tun? Quasi Goldlocke Studios 🙂

Selbstverständlich kam mir auch schon mal die Idee, meine Spiele zu verkaufen. Ich habe irgendwann erkannt, dass die Spieleentwicklung für mich ein Hobby ist und mir persönlich der Spaß abhandenkommt, sobald ich mich um die geschäftliche Seite kümmern muss. Das muss aber nicht heißen, dass man ein zukünftiges Spiel von mir nicht auch mal auf Modul kaufen können wird. Ich würde das Publishing dann aber wahrscheinlich anderen überlassen.

Warum gerade SNES? Warum entwickelst du nicht für andere Systeme, für die es unter Umständen einfacher ist. Wie für den Sega Mega Drive oder Game Boy?

Das SNES hat mich in meiner Jugend gepackt und diese Faszination hat bis heute angehalten. An anderen Systemen reizt mich nicht viel, das überlasse ich gerne anderen.

Hast du dich auch mal an etwas einfacheren Dingen versucht wie Romhacks für den SNES? Gerade für Super Mario World und Super Metroid gibt es ja recht umfangreiche aktive Communities. Mit deinen SNES Programmierskills könntest du da ordentlich was reißen 😀 Schwirrt da womöglich ein Romhack von Goldlocke herum?

Ich habe vor knapp 20 Jahren mit Romhacks angefangen, bevor ich mit der Entwicklung eigener Spiele begonnen habe. Das war so gesehen der nächste logische Schritt. Dabei habe ich mich in einem relativ breiten Spektrum betätigt: Reguläre Romhacks wie „Super Mario Kart R„, deutsche Übersetzungs-Patches von Spielen wie „Breath of Fire 2“, „Tales of Phantasia“ und „Starfox 2“, Cracks von kopiergeschützten Spielen, Erweiterungen für die genannte „Super Mario World“-Community, Bugfixes von unfertigen Prototypen etc. Ich hab so ziemlich alles mal ausprobiert, worauf ich Lust hatte.

Ich muss aber dazu sagen, dass ich die Entwicklung neuer Spiele als die Königsklasse sehe, da man hier wirklich etwas Eigenes, eigenständiges schafft. Daher gibt es für mich auch aktuell keinen Anlass, zum ROM-Hacking zurückzukehren.

Was siehst du bei der SNES Entwicklung für dich und/oder für Newcomer als besondere Hürde?

Problematisch ist aus meiner Sicht ein Mangel an Tools und Frameworks, die es Newcomern ermöglichen würden, direkt Content zu erzeugen statt das Rad neu erfinden zu müssen, wie das aktuell der Fall ist. Ich persönlich kämpfe eigentlich nur noch mit einem Mangel an Zeit, aber das ist nicht SNES-spezifisch. Videospielentwicklung generell ist ein sehr zeitintensives Hobby.

Deutschland hat viele Talente im Retro (wobei du mind. 3 davon verkörperst als Goldlocke, d4s und Dieter von Laser) und sogar SNES Bereich, hast du dich mal mit anderen zusammengetan um gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten? Z.B. Goldlocke macht das Spiel und Remute die Musik 🙂 ?

Ich arbeite immer gerne mal wieder mit Freunden und/oder neuen Bekannten an Projekten zusammen, wenn es sich ergibt. Allerdings habe ich auch schon an gemeinsamen Projekten gearbeitet, die dann leider im Sande verlaufen sind. „The Cult Of Remute“ hat mich beeindruckt, Kontakt zu ihm hatte ich allerdings noch nicht.

Gibt es ein Spielgenre dass du heutzutage für kriminell unterrepräsentiert hältst, welches früher häufiger zu finden war?

Nein, gar nicht. Der Zeitgeist ändert sich und damit auch die aktuell populären Genres. Was der Mainstream nicht mehr bedient, wird durch unzählige Indie-Titel abgedeckt, die in jede noch so kleine Nische vordringen. Noch nie war die Auswahl so groß wie heute und wer dennoch unter aktuellen Titeln nichts findet, dem bleiben die alten Klassiker ja ungenommen.

Wenn du ein Sequel zu einem SNES Spiel machen dürftest, ganz offiziell, mit Lizenz und allem drum und dran. Für welches Spiel würdest du ein Sequel machen und wieso?

Das würde ich vielleicht weniger am Spiel und eher am jeweiligen Entwicklerteam festmachen. Als gebürtiger Kölner fühle ich mich vor allen Dingen Factor 5 verbunden und finde toll, wie diese sich nach wie vor in der Retro-Community engagieren. Im Übrigen warte ich ja immer noch auf „Plok 2“ und glaube auch, dass die Pickford Brothers coole Typen sind, mit denen es Spaß machen würde, zu arbeiten.

Welche Ressourcen würdest du Leuten die sich an der Homebrew Programmierung versuchen wollen, empfehlen?

Sehr gut hat mir z.B. die Videoreihe von Oziphantom gefallen, kann ich an dieser Stelle nur empfehlen:

Empfehlung von Goldlocke.

Ansonsten bündelt eigentlich https://wiki.superfamicom.org/ das vorhandene Wissen ganz gut.

Was aus der SNES Zeit fehlt dir in heutigen Spielen?

Da würde mir gar nicht so viel einfallen. Es gibt ja auch aktuelle Spiele, die sich an die Ästhetik der SNES-Titel anlehnen. Auch Gameplay-technisch wurde der Grundstein für viele Konzepte in der NES- bzw. SNES-Zeit gelegt, die bis heute nur verfeinert werden. Dass die damaligen SNES-Titel bei mir einen viel größeren Eindruck als aktuelle Titel hinterlassen haben, lag wahrscheinlich eher an mir und meiner jugendlichen Begeisterungsfähigkeit.

Das einzige mir bekannte Homebrew Kampfspiel für den SNES ist X-Men Vs. Street Fighter und das Spiel ist nicht besonders gut gelungen… Kannst du dir vorstellen woran es liegen könnte, dass Kampfspiele schwieriger umzusetzen sind als man glaubt?

X-Men Vs. Street Fighter ist auf jeden Fall unlizenziert, als Homebrew würde ich es aber nicht bezeichnen. In Asien gab es Firmen, die unlizenzierte, eigene SNES-Spiele entwickelten und verkauften, diese Spiele sind auch unter dem Sammelbegriff „Hong Kong Original“ (HKO) bekannt. Sie haben gemeinsam, dass sie auf ein zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung populäres Franchise Bezug nehmen (Pokemon, Tekken 2, das von Dir genannte X-Men Vs. Street Fighter etc.), weder von Nintendo noch vom Franchise-Inhaber lizenziert sind, einen Kopierschutz haben und anscheinend mit geringstmöglichem Aufwand für SNES umgesetzt wurden. Obwohl ich niemand zumuten möchte, diese Spiele zu spielen, habe ich mir wie weiter oben genannt vor vielen Jahren den Spaß gemacht, die mir vorliegenden HKOs zu cracken, d.h. den Kopierschutz zu entfernen. Es gibt übrigens auch ein relativ aktuelles, unlizenziertes Prügelspiel für SNES namens „Unholy Night“. Das ich zumindest als soliden Versuch bezeichnen würde.

Welches Super Nintendo Spiel ist deiner Meinung nach absolut überbewertet?

Es gibt ein paar Spiele westlicher Entwickler, die damals gehyped wurden, aber in Bezug auf das Gameplay nicht an ihre japanischen Vorbilder heranreichen und zumindest damals überbewertet waren. Spontan würde mir da die „Mortal Kombat“-Reihe einfallen.

Welches Super Nintendo Spiel ist der Goldlocke Geheimtipp schlechthin?

Gibt es überhaupt noch Geheimtipps für SNES? Ich habe den Eindruck, dass selbst die obskursten Super Famicom-Perlen mittlerweile bekannt sind und ihre Fans gefunden haben. Wer Front Mission: Gun Hazard noch nicht gespielt hat, dem kann ich es in der englischen Fan-Übersetzung wärmstens ans Herz legen. Das Spiel verbindet die Action- und RPG-Elemente und ist aus meiner Sicht die Krönung von allem, was Squaresoft auf dem SNES geleistet hat.

Danke an Goldlocke

Lieber Goldlocke, ich danke dir herzlichst für das Interview. Ich bin äußerst gespannt was du sonst noch so veröffentlichen wirst. Du bist als Goldlocke / d4s / Dieter von Laser ohnehin bereits derjenige mit den meisten Veröffentlichungen von Homebrews. Ich bin mir sogar sicher, dass Goldlocke mehr für den Super Nintendo getan hat, als manch eine Firma die in den 90er Jahren für den Super Nintendo entwickelt hat. Und das auch noch so viele Jahre nachdem der Super Nintendo nicht mehr auf dem Markt ist.

Hoffentlich wirst du die SNES-Welt noch um viele tolle Spiele bereichern! Dottie und Super Boss Gaiden sind bereits absolute Knüller für mich persönlich.

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One thought on “Interview mit Goldlocke

  • torte00
    Dezember 20, 2021 at 15:13

    Tolles Interview mit vielen interessanten Einblicken. Goldlockes Ideen und Können beeindrucken sehr!

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