Robotrek (a.k.a. Slapstick)
Wer an ein Spiel denkt, welches von Quintet und Ancient entwickelt und von Enix veröffentlicht wurde, der denkt an ein sehr gutes Spiel. So wie Soul Blazer, Actraiser oder Terranigma. Aber natürlich gab es auch Rollenspiele von Quintet, die uns vorenthalten wurden und eines davon ist Robotrek. In Japan hatte es den ulkigen Titel Slapstick. Sowohl in den USA als auch Japan erschien es 1994.
Atmosphäre / Story
Sofort merkt man, dass Robotrek stark handlungsgetrieben ist. Es existieren zahlreiche Zwischensequenzen, welche in Form von Charakterdialogen das Geschehen erfolgreich vorantreiben.
Das kommt dem Spiel stark zugute, denn die Handlung entfaltet sich recht interessant und Stück für Stück. Es geht darum, dass der Protagonist, welcher Teil einer Wissenschaftlerfamilie ist, seinen ersten Roboter bauen muss. Nebenbei verschwindet der Vater und diverse Hacker tauchen auf und treiben Schabernack. Im weiteren Verlauf artet das Spiel stark in Richtung Science Fiction aus, doch das möchte ich nicht vorwegnehmen.
Generell hat Robotrek eine sehr lockere, sich selbst nicht ernstnehmende Atmosphäre, vielleicht stammt ja auch daher der japanische Titel des Spiels „Slapstick“. Bezüglich der Handlung werden nicht so viele Klischees bedient, wie in vielen anderen RPGs, obendrein ist das Wissenschaftler-Setting durchaus angenehm gestaltet und eine gute Abwechslung zu den meisten Fantasy orientieren SNES Rollenspielen.
Wer Terranigma oder andere Quintet Spiele kennt, der wird übrigens sehr schnell erkennen, dass sich einige Spielelemente aus diesen Spielen ebenfalls in Robotrek befinden. Wie z.B. die Schriftart der Texte, einige Soundeffekte und auch der Klang einiger Melodien, was dem Spiel direkt ein wohliges Nostalgiegefühl verleiht.
Doch die Handlung lässt trotz guter Atmosphäre etwas an Tiefe vermissen und wirkt gerade zum Ende hin etwas übereilt. Teilweise sind auch einige Dinge die passieren nicht besonders gut verständlich, entweder wurde hier einfach nicht so gut erzählt oder die originale Englischübersetzung ist mittelprächtig gelungen.
3,75 / 5
Grafik
Da es hier überwiegend um Wissenschaftler und Roboter geht, läuft man trotzdem glücklicherweise nicht die ganze Zeit in Fabriken herum. Die Umgebungen sind eher Fantasy typisch, wie Dörfer, Höhlen, Wälder usw. aber Fabriken oder Laboratorien kommen natürlich auch vor. Vom Setting her lässt sich einiges mit Secret of Evermore vergleichen, nur ist Robotrek nicht so düster.
Die Gestaltung der Level ist häufig ziemlich gut, hier und da gibt es mehr Details als in vielen anderen Rollenspielen. Gelegentlich wird man durch ganz schicke Effekte überrascht, welche die Atmosphäre gekonnt intensivieren. In den rundenbasierten Kämpfen konfrontiert einen Robotrek mit einer seitlichen Ansicht, welche stark an die Final Fantasy IV oder Romancing SaGa erinnert.
Die Kampfansicht ist nicht so generisch gestaltet, wie in Mystic Quest Legend oder Slayers aber auch nicht die Creme de la Creme. Immerhin läuft alles flüssig ab und große Designmacken zeichnen sich nicht ab.
4 / 5
Spielmechanik / Gameplay
Wie bereits erwähnt sind die Kämpfe in diesem Spiel rundenbasiert, das stimmt aber natürlich nur halb, da die Zeit hier auch eine Rolle spielt. Mit nur einem Roboter zurzeit bewegt man sich auf dem Spielfeld, Schritt für Schritt, vor oder zurück. Die Kampffläche verfügt über 3 Ebenen.
Dabei gibt es 3 verschiedene Angriffsarten: Nahkampf, Schusswaffen, Raketenwaffen. Alle haben ihre Vor- und Nachteile aber die Schusswaffen scheinen mir deutlich schwächer zu sein, denn diese waren für mich nur am Anfang des Spiels nützlich. Waffen und andere Ausrüstung schmiedet man sich selbst in der Werkstatt, genau wie neue Roboter. Man kann maximal über 3 Roboter verfügen, wobei nur einer zurzeit sich im Kampf befinden kann. Ein besiegter Roboter wird gegen den nächsten ausgetauscht.
Die Waffen unterscheiden sich auch untereinander, sodass es bspw. nicht egal ist, welche Nahkampfwaffe man gegen bestimmte Gegner nutzt. Nur weil ein Schwert vielleicht wenig Schaden verursacht, bedeutet dies nicht, dass eine Axt ebenfalls wenig Schaden verursacht usw. man muss also gut taktieren.
Die Roboter leveln nicht auf, sondern der Spieler selbst wird sozusagen durch Erfahrungspunkte zu einem besseren Wissenschaftler. Steigt dieser eine Stufe auf, so kann er neue Gegenstände bauen, vorausgesetzt er liest das passende Rezeptbuch.
Außerhalb der Kämpfe tut man, was man in allen Rollenspielen tut: Aufgaben annehmen, Dinge von A nach B bringen, Schalterrätsel lösen, Dungeons durchstreifen. Insgesamt ist die Levelgestaltung und die Gestaltung der Rätsel ziemlich gut gelungen. Es ist nur ein bisschen schade, dass die Entwicklung der Roboter sich etwas simpel gestaltet, ein wenig mehr Komplexität hätte nicht geschadet, denn an sich ist die ganze Idee sehr gut.
3,75 / 5
Musik und Soundeffekte
Gerade anhand der Instrumentenwahl macht sich die musikalische Ähnlichkeit zu Illusion of Time und Terranigma bemerkbar. Doch ob die Musik in Robotrek immer so einwandfrei zum Geschehen passt, ist eine andere Frage. Die Stimmung der Musik ist durchweg ziemlich fröhlich (wie die Stadt-Musik in Terranigma), wodurch sich melodisch viele Ähnlichkeiten finden lassen. Das ist nicht schlimm aber die Komplexität und der individuelle Charakter der Musik sind dadurch nicht so ausgeprägt.
Über die Soundeffekte kann man nur Gutes sagen, die finde ich sowohl im Kampf als auch außerhalb sehr gut und sie signalisieren ziemlich deutlich wofür sie gedacht sind. Wer das Fall-Geräusch aus Terranigma noch im Ohr hat, wird dieses in Robotrek häufiger hören.
3,96 / 5
Steuerung
Wie in den meisten rundenbasierten Rollenspiel hat Robotrek eine relativ steife Steuerung, allerdings ist diese deutlich dynamischer als in Romancing SaGa oder EarthBound. Diagonales Gehen ist dennoch nicht möglich.
Die Menüführung ist in Ordnung, auch wenn ich den Menüaufbau nicht ganz intuitiv finde. Die Gehgeschwindigkeit ist gut und man kann durch das halten der B-Taste auch noch laufen.
4,75 / 5
Spaßfaktor
Robotrek hat eine mittlere Spiellänge aber dafür ist es mit guten Ideen und einem insgesamt gelungenen Storytelling gespickt, welches obendrein auch noch schön inszeniert wurde.
Die Charaktere sind, egal ob gut oder böse, alle recht lustig und somit ist Robotrek ziemlich heiter. In den Kämpfen kommt Taktik und Abwechslung zum Ausdruck. Es ist auch schön, dass man die Kämpfe nicht durch stumpfes Drücken einer Taste durchziehen kann, wie in Mystic Quest Legend oder Slayers.
Für jemanden der Actraiser, Terranigma, Illusion of Time oder Soul Blazer gespielt hat, wird Robotrek ein solides Nostalgiegefühl mit sich bringen, da teilweise die Grafiken sehr ähnlich sind und einige Sounds übernommen wurden.
Es gibt aber auch einige Aspekte, die das Spielgefühl massiv drücken können. Dazu gehören die scheußlich seltene Verteilung der Speichermöglichkeiten, teilweise muss man locker über eine Stunde aushalten, bis man einen Speicherpunkt erwischt. Obendrein ist das Leveldesign so gestaltet, dass man viel hin und her gehen muss, dort ein Schalter, da ein Schlüssel usw. Dann geht man wieder zurück und man kann sich ziemlich schnell verlaufen, was nicht so tragisch wäre, gäbe es nicht so viele Gegner in allen Räumen. Das zieht alles künstlich in die Länge.
Die Nutzung von Levelkarten ist für Robotrek äußerst empfehlenswert. Auf robotrek.cryx.li kann man Maps zu allen Leveln finden. Was mich speziell gegen Ende des Spiels nervte, war die fiese Gegnerplatzierung direkt hinter Türen, was zu Kämpfen führt, denen man nicht entkommen kann.
3,25 / 5
Bewertung und Fakten
Dieser kleine Schatz, den Quintet und Ancient hier programmierten, ist ein tolles Rollenspiel mit wendungsreicher Handlung. Auch die Dynamik und die heitere Atmosphäre könnten selbst diejenigen überzeugen, die sonst keine Freude an rundenbasierten Rollenspielen haben.
- Quintet Feeling
- Erstellung von Robotern
- Ungewöhnliche Handlung
- Manchmal zu viele Kämpfe
- Verwirrende Dungeons
- Wenig Speichermöglichkeiten
Für jene, die ohnehin gerne Quintet Spiele gezockt haben, ist Robotrek natürlich ein Muss. Die Atmosphäre, die Art wie sich die Welt wandelt, die schrägen Gegner, die gelegentlichen tiefsinnigen Dialoge, sind genau das, was ein gutes lineares 16 Bit Rollenspiel ausmachen. Ein totales Meisterwerk ist es nicht geworden aber ich denke die wenigsten Spieler werden es bereuen.
Genre: Rollenspiel
Preis: circa 150€ bis 180€ für ein US-Original bei ebay
Schwierigkeit: Schwer
Atmosphäre / Story: 3,75 / 5
Grafik: 4 / 5
Spielmechanik / Gameplay: 3,75 / 5
Musik und SFX: 3,96 / 5
Steuerung: 4,75 / 5
Spaßfaktor: 3,25 / 5
Gesamt: 3,91 / 5
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